Um 6:05 ging es los mit dem Bus nach Tel Aviv. Ich hatte nur
einen normalgroßen Rucksack mit dem Nötigsten dabei und es hat geradeso
reingepasst. So war ich um halb 9 gut vorbereitet im schönen Tel Aviv
angekommen und ich meine wirklich: schön! Nach kurzem Stopp in meinem Hostel
bin ich sofort in die Badehosen gehüpft und zum Strand gelaufen.
Die Badeserie riss auch am nächsten Morgen nicht ab, als ich versuchte, auf dem
See Genezareth zu laufen. Leider fehlte mir die entsprechende Heiligkeit. Am
Mittag sagte ich mein Goodbye und reiste weiter nach Katsrin in den Golanhöhen,
dem Auenland Israels: eine wirklich hübsche Landschaft mit viel, viel Grün.
Hatte ich erst noch gedacht, ich würde mich diesmal einen Abend lang ausruhen,
bekam ich eine halbe Stunde nach Ankunft schon wieder Schweißausbrüche – auf
dem Fahrrad, 8km bergauf. Ich war mit Davíd aus Ecuador auf der Suche nach
einem versteckten Tümpel in der Berglandschaft. Zwischendrin glaubte ich, vor Hitze
und Anstrengung aufgeben zu müssen, aber es waren glücklicherweise nur noch 5
Minuten bis zum Paradies. Die Fahrräder einfach liegen lassend, kletterten wir
die hohe Felswand zum Wasser hinunter, das schön eiskalt war. Sagenhaft!
Ich verbrachte noch einen Tag dort in den Bergen und machte mich um 9 Uhr auf,
den Yehudia-Park zu durchqueren. 12 Kilometer und 9 Stunden ging es über Stock
und Stein, mit Klettern und Balancieren, aber das war nicht alles: entlang des
Flusslaufs kamen immer wieder Wasserfälle und natürliche Pools vor, die die
eigentliche Belohnung für den schwierigen Trail waren. Wandern und ins klare Wasser
springen, so ging es immer im Wechsel, war das toll! Am Ende trampte ich über
drei Stationen zurück nach Katsrin.
Gut ausgeruht fuhr ich am nächsten Tag ins historische Akkon, das ich mir für
ein paar Stunden ansah, bevor ich mit dem Zug nach Jisr-az-Zarqa reiste. Jisr
ist das einzige arabische Dorf an der israelischen Küste und es ist ein
Fischerdorf. Hier gab es tatsächlich ein winziges Hostel. Und hier traf ich
zufällig Douglas aus Alabama wieder, der mein Vorgänger in Mitzpe Ramon gewesen
war. Klein ist die Welt! In Jisr ist man plötzlich ganz woanders. Hier gab es
keinen Sabbat und der Muezzin hielt einstündige Reden für das Dorf durch einen
Lautsprecher. Allerdings gab es auch hier wieder einen tollen Strand.
Bevor ich am nächsten Tag wieder aufbrach, besuchte ich eine Weltstadt des
alten Roms: Caesarea! Beeindruckend, wie viel man heute über diese Stadt weiß,
obwohl sie dutzende Male zerstört wurde. Ähnlich erging es in der Vergangenheit
meiner nächsten Station: das sagenumwobene Jerusalem! Ich erreichte den
Busbahnhof spät am Freitag-/Sabbat-Abend und verbrachte ihn bei Livemusik an
der Hostelbar mit meinen kanadisch-nordirisch-österreichischen
ZimmerkameradInnen.
Weil am Samstag in der heiligen Stadt tote Hose ist, wollte ich einen Tagestrip
nach Palästina machen und stieg früh morgens in den Arab-Bus von Ostjerusalem
nach Ramallah. Nun ist dieser Ort vor allem aus den Nachrichten bekannt und
davon meist aus den schlechten. Aber im Gegensatz zu seinem Image macht diese
Stadt einiges her und hat ein aufregendes Zentrum. Neben dem überall spürbaren
palästinensischen Nationalstolz, erschien mir die Bevölkerung zudem sehr modern
und war echt schick gekleidet. Das verblüffend-normale Haupstadtflair mit einem
Touch Palästina-Charme, das hatte etwas besonderes! Nach einigen Stunden in den
Gassen Ramallahs war der Tag noch lang und so sah ich mich mal spontan am
Sherut-Stand um.
Sheruts sind Sammeltaxis, die für wenig Geld losfahren, sobald
sie voll sind. Ich setzte mich aus einer Laune heraus in einen alten
Transporter nach Jericho und durfte während der Fahrt reichlich Fragen
beantworten, warum ich mich denn in so eine einheimische Klapperkiste setzen
würde. Aber so wollte ich das doch! ;) Jericho war für mich als
Nicht-Bibel-Kenner relativ unspektakulär, denn überall hatte Jesus mal dies und
mal das angefasst und man konnte es fotografieren.
Nebenbei ist es aber auch
die älteste menschliche Siedlung der Geschichte, da sie seit Ende der
Nomadenzeit dauerhaft Bestand hatte. Die Überreste davon konnte man sich in
„Bergen“ (Jericho liegt heute auf ca. -200m u.d.M.) anschauen und mit einer
Seilbahn rauffahren. Da oben gab es zwar auch wieder eine heilige Kirche, aber
ich war eher wegen der Aussicht dort. Auf meiner Rückfahrt nach Jerusalem gab
es dann noch etwas Chaos: alle israelischen
Busverbindungen waren gestrichen worden.
Im Gegensatz zu den anderen Touristen,
die mich auf meinen Ratschlag hin offenbar für wahnsinnig hielten, nahm ich
eben das nächste Sherut bis zur Grenze und passierte diese als Fußgänger – auch
ein Erlebnis. Da gibt es immerhin eine richtig hohe und dicke Mauer und eine Anlage
voll scharfer Waffen und hitziger Gemüter. Mit dem Bundesadler auf dem Pass
durfte ich aber quasi durch die Kontrollen „schweben“.
Den nächsten Tag widmete ich ganz der heiligen Old City von Jerusalem. Für mich
war beides interessant, die legendären Orte wie Grabeskirche, Klagemauer und
Felsendom zu sehen, und echten religiösen Fanatismus zu erleben: Menschen
spragen singend im Kreis, fielen in Ohnmacht, prügelten sich, bekamen
Weinkrämpfe und küssten jede Fuge des heiligen Bodens. Auf dem Tempelberg zwang man mich hingegen, einen grünen Rock
anzuziehen, weil meine Hose angeblich zu kurz war. Dabei spazierten andere
Shorts- und sogar Badehosenträger einfach so um die goldene Kuppel – naja. Die
dritte Nacht in Jerusalem bestand wieder aus einem Pub Crawl mit den
unterschiedlichsten Menschen und Geschichten.
An meinem letzten Reisetag besuchte ich das Tote Meer. Erst stieg ich in Ein
Gedi aus, um den Naturpark mit seinen Wasserfällen und Quellen zu besichtigen,
und traf dort zufällig Freunde aus Jerusalem wieder. Wenig später fuhren wir
weiter nach E
in Bokek, ein russisch-dominierter Badeort am tiefsten Punkt der
Erde. Auf diesem Wasser zu liegen, das Gefühl ist echt unbeschreiblich! Ein
bisschen fühlt man sich wie ein Astronaut, weil man so seelenruhig auf dem
glatten Meeresspiegel dahingleitet. Eine Fingerspitze davon an der Zunge ist
allerdings auch schon genug, um jaulend unter die Dusche zu rennen.
Spät abends war ich wieder „zu Hause“, im Green Backpackers in Mitzpe Ramon. Es
war eine unvergessliche Reise mit tollen Menschen, vielen Abenteuern und
zahllosen Eindrücken. Und nun gehen die Abenteuer wieder im gewohntem Umfeld
weiter.